Adolf Heydweiller eröffnet 1910 das neue Physik-Institut
Die Physik als eigenständige Disziplin beginnt an der Universität Rostock durch die Berufung von Ludwig Matthiessen auf die 1874 neu geschaffene ordentliche Professur für Physik, der späteren Experimentalphysik. Sein Amt übt Matthiessen bis 1905 aus. Sein Nachfolger wird 1906 Conrad Dieterici (1858-1929), der aber, unzufrieden wegen des ausstehenden Institutsneubaus, 1907 Rostock in Richtung Kiel verläßt. Danach kommt Adolf Heydweiller (1856-1925) als ordentlicher Professor für (Experimental-)Physik nach Rostock. Diese Chronologie zeigt auch die Zeitleiste der Rostocker Physik-Hochschullehrer, siehe dazu die erste Abbildung (bitte den schwarzen Balken folgen) bei Richard Wachsmuth.
Adolf Heydweiller (geb. 15.01.1856 in Krefeld, gest. 31.12.1925 in München) studiert Physik in Hannover, Leipzig, Berlin und Gießen. Nach seiner Promotion und Habilitation an der Universität Würzburg kommt Heydweiller über die Etappen Straßburg (Priv.-Doz.), Breslau (ao. Prof.) und Münster (o. Prof.) nach Rostock [1] mit dem Ziel, den Neubau des Physikalischen Instituts nahe der Wallanlagen in Betrieb zu nehmen [2].
Wird im Kalenderblatt zu Richard Wachsmuth sein Aufsatz Das Physikalische Institut aus dem Jahre 1901 zitiert, so ist damit das erste Institutsgebäude auf dem Hof des Universitätshauptgebäudes (Anschrift: Kröpeliner Str. 2) gemeint. Dieses Haus wird von Studenten und Mitarbeitern der Physik (auch der Chemie) bis zuletzt genutzt und dann im Januar 2006 abgerissen, siehe dazu die Farbfotos bei Wachsmuth.
Im Palaisgarten (zwischen den Wallanlagen und Blücherplatz, heute Universitätsplatz) entsteht von 1908 bis 1910 der "wohlgelungene Bau des Physikalischen Instituts zu Rostock" von Baurat Hermann Schlosser, dessen Porträt (siehe Foto unter Heydweiller) aus dem Privatarchiv der Enkelinnen Ingrid Rotter [3] und Gisela Szigat stammt. Ein gerahmtes Schlosser-Foto hängt seit 2001 auf Initiative von Burkhard Kramp im Erdgeschoss der Rostocker HNO-Klinik Otto Körner in der Doberaner Straße, einem Gebäude von Baurat Schlosser aus dem Jahre 1899. Im Januar 1910 konzipiert Adolf Heydweiller die Inneneinrichtung des Physik-Instituts und übernimmt danach am 26.08.1910 das Gebäude in der heutigen Form.
Die Jubiläumsfeier "100 Jahre Physikalisches Institut 1910-2010" findet am 26. Juni 2010 mit vielen ehemaligen und gegenwärtigen Studenten und Mitarbeitern statt. Eine Festschrift erscheint aus diesem Anlass als Heft 28 der sog. Silberreihe [2]. Ein Uni-Podcast (ein Video der Universität Rostock, als Internet-Kurzfilm abrufbar über https://www.youtube.com/watch?v=Ho-Km8C0mtU) verbindet Tradition und Innovation an der Universität Rostock. Runde Jubiläen bieten die Möglichkeit der Rückschau auf bemerkenswerte Abschnitte der Wissenschaftsgeschichte, hier der Rostocker Physik.
Adolf Heydweiller liefert umfassenden Beiträge zu den physikalischen Eigenschaften von Lösungen in ihren Zusammensetzungen (Annalen der Physik, 1909–16); zu dessen Einordnung in die Elektrolytforschung siehe [4].
Quellen
[1] Eintrag zu Adolf Heydweiller im Catalogus Professorum Rostochiensium: http://purl.uni-rostock.de/cpr/00002336
[2] R. Mahnke, F. Mitschke: 100 Jahre Physikalisches Institut 1910 - 2010. In: Beiträge zur Geschichte der Universität Rostock, Heft 28, 2010.
[3] Matrikelportal Rostock: Ingrid Schlosser, verh. Rotter, WS 1953/54 http://purl.uni-rostock.de/matrikel/510033768
[4] W. Ebeling u. a.: Zur Geschichte der Elektrolytforschung an der Universität Rostock. In. Wiss. Zeitschr. WPU Rostock 25 (1976) S. 111-119.
Reinhard Mahnke, 28.07.2014