Nachruf auf Prof. Dr. Dietrich Kremp

Am 17. September 2017 verstarb Professor Dr. Dietrich Kremp nach schwerer Krankheit in Dessau im Kreise seiner Familie. Geboren am 28. Januar 1937 in Röbel, besuchte er in Waren an der Müritz das Wossidlo-Gymnasium und begann 1956 das Studium der Physik an der Universität Rostock. Hier arbeitete er ab 1961 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und fertigte bei Hans Falkenhagen eine Doktorarbeit zur Theorie elektrolytischer Lösungen unter Einbeziehung von Kräften kurzer Reichweite an.

Im Jahre 1968 habilitierte er sich mit einer Arbeit zur Quantenstatistik von geladenen Vielteilchen-Systemen, einem Gebiet, welches Günter Kelbg für die Rostocker Physik als neues Aufgabenfeld initiiert hatte. Hier ging es insbesondere um die Einbeziehung von gebundenen Zuständen und die damit zusammenhängenden mathematischen Details. 1969 wurde Dietrich Kremp zum Hochschuldozenten für theoretische Physik ernannt. 1971 folgte Dietrich Kremp einem Ruf auf eine Professur für theoretische Physik an der Pädagogischen Hochschule Güstrow, wo er mit hohem Anspruch an der physikalischen Ausbildung von Lehrern arbeitete. Im Jahre 1978 wechselte er auf einen Lehrstuhl für theoretische Physik zurück an die Universität Rostock. Hier intensivierte er seine Arbeit zur Quantenstatistik von Vielteilchensystemen insbesondere unter Verwendung der Theorie Greenscher Funktionen.

Dietrich Kremp liebte intensive individuelle Arbeit, war aber auch aufgeschlossen gegenüber gemeinschaftlicher Arbeit und mochte die kollegiale wissenschaftliche Auseinandersetzung. Dadurch erklärt sich seine Wertschätzung als Mensch und Wissenschaftler, insbesondere von seinen Kollegen im engeren Umfeld. Seine Lehre bestach durch einen klaren Stil. Viele seiner Schüler haben eine erfolgreiche wissenschaftliche Laufbahn in der theoretischen Physik eingeschlagen.

Seine hauptsächlichen Lehr- und Forschungsgebiete waren die Statistische Physik, insbesondere die Quantenstatistik, die Plasmaphysik und die Physik der Elektrolyte. Zu Dietrich Kremps wissenschaftlichem Werk zählen zahlreiche viel beachtete Originalarbeiten; zwei Arbeiten mit über 200 Zitierungen seien besonders erwähnt: „Quantum kinetic theory of plasmas in strong laser fields“ (Physical Review E, 1999) und „Dynamical Screening and Self-Energy of Excitons in the Electron-Hole Plasma“ (physica status solidi, 1978). Mit Kollegen verfasste er drei zu den Standardwerken des Fachgebietes zählende Monographien zur Quantenstatistik von Systemen mit Coulomb-Wechselwirkung.

Dietrich Kremp hatte vielfältige internationale Kontakte. Bedingt durch die politischen Verhältnisse in der ehemaligen DDR konnte er zunächst ausschließlich zu Kollegen in die Sowjetunion, nach Polen, Tschechien und Ungarn reisen. Besondere Anregung erfuhr er durch das Wirken von Nikolai N. Bogoljubov. Eine langjährige Zusammenarbeit verband ihn mit Yury L. Klimontovich, der von der Universität Rostock durch die Ehrendoktorwürde geehrt wurde, und mit Sergei V. Peletminski in Charkov. Das gemeinsame Interesse an der Theorie der Greenschen Funktionen ergab eine enge Bindung zu Prager Physikern. Kontakte zu westlichen Kollegen konnten nach dem Mauerfall intensiviert werden, so zu Hugh E. DeWitt (Livermore), James A. McLennan (Bethlehem) und H. Sigurd Köhler (Tucson) in den USA sowie Günter Ecker (Bochum), Friedrich Hensel (Marburg) und Karl-Heinz Spatschek (Düsseldorf).

Dietrich Kremp war von 1982 bis 1989 Direktor der Sektion Physik in Rostock. Von 1990 bis 1998 war er Mitglied des Rates der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät und von 1992-1998 Mitglied des Konzils der Universität Rostock. Er wirkte im Vorstand des Fachverbandes „Plasmaphysik“ in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), in der Auswahlkommission des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und im Verein des Leibniz-Instituts für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn. Er war maßgeblich an der Konzeption und als stellvertretender Sprecher an der Arbeit des ersten Sonderforschungsbereichs in Mecklenburg-Vorpommern beteiligt, der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft 1992-2004 als SFB 192 Kinetik partiell ionisierter Plasmen gefördert wurde. 2002 ging er in den Ruhestand, blieb danach aber noch längere Zeit wissenschaftlich aktiv.

Das Institut für Physik trauert um Dietrich Kremp und wird sein Andenken bewahren.


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