Der Physiker Rudolf Heinrich Weber

Der außerordentliche Professor für angewandte Mathemati Rudolf Heinrich Weber (1874-1920) hatte 1907/08 kommissarisch die Leitung des Instituts für Physik inne (Foto: Universitätsarchiv Rostock).
Titelblätter des ersten Bandes des Nachschlagewerkes "Repertorium der Physik", das von Rudolf Weber aus Rostock federführend herausgegeben wird. Der zweite Teil (unten) mit seiner Autorenschaft zur Wärme und Statistischen Physik erscheint 1916 (Fotos: UBR).

Lebensdaten

  • 16.08.1874 geboren in Zürich (Schweiz) als Sohn eines Professors der Mathematik am Eidgenössischen Polytechnikum Zürich
  • 1894 Reifeprüfung am Gymnasium in Göttingen
  • 1895-1899 Studium der Physik und Mathematik in Straßburg
  • 1899 Promotion zum Dr. phil. an der mathematisch-natur-wissenschaftlichen Fakultät der Universität Straßburg
  • 1900-1902 Assistent bei G. Quincke in Heidelberg
  • 1902 Habilitation an der Universität Heidelberg, Privatdozent
  • 1902-1907 tätig in Heidelberg, Ernennung zum a.o. Professor
  • 01.06.1907 Berufung aus Heidelberg zum a.o. Professor für angewandte Mathematik an der Universität Rostock
  • 1907/08 Vertretung des Ordinarius für Physik (Vakanz der Professur)
  • 1915-1919 Kriegsteilnehmer
  • 13.11.1919 Ernennung zum ordentlichen Honorarprofessor aus Anlass der 500-Jahr-Feier der Universität Rostock
  • 03.08.1920 verstorben in Rostock im Alter von 45 Jahren

Rudolf H. Weber am Institut für Physik der Universität Rostock 

In der Umbruchphase 1905/06, die mit der Emeritierung Ludwig Matthiessens und der Vakanz diese Lehrstuhls zusammenhängt, schlägt der Mathematiker Prof. Otto Staude am 12.02.1905 der philosophischen Fakultät die Schaffung einer ständigen außerordentlichen Professur für angewandte Mathematik vor. Nach diesem ersten Vorschlag wiederholt die philosophische Fakultät am 10.11.1906 ihren Antrag auf die, wie es jetzt heißt, Errichtung eines Extraordinariats für Mathematik und theoretische Physik mit einer sechs Seiten langen Begründung. Am 30.04.1907 teilt das zuständige Ministerium in Schwerin mit, daß es in Aussicht genommen ist, noch für dieses Semester einen außerordentlichen Professor für Mathematik und mathematische Physik zu berufen.

Die Berufungsliste vom 07.05.1907 hat folgende Reihung:

  1. Prof. Dr. R. H. Weber, geb. 1874, Heidelberg
  2. Dr. R. Gans, geb. 1880, Privatdozent in Tübingen
  3. Dr. H. Happel, geb. 1876, Privatdozent in Tübingen

Nachdem Rudolf Weber seinen Ruf angenommen hat, wird ihm zum 01.06.1907 der Lehrauftrag für angewandte Mathematik, insbesondere analytische Mechanik und mathematische Physik nebst Theorie der in ihr angewandten Differentialgleichungen erteilt [1]. Damit ist der Plan der philosophischen Fakultät zur Errichtung einer außerordentlichen Professur für mathematische Physik verwirklicht worden.

Für das Wintersemester 1907/08 bekommt Weber die Institutsleitung und die Vertretung der Lehraufgaben des Ordinarius der Physik (Conrad Dieterici ist bereits in Kiel) bis zur Berufung Heydweillers übertragen. Mit dem neuen Ordinarius Adolf Heydweiller, der Ostern 1908 nach Rostock kommt, stellt sich schnell ein ausgezeichnetes Verhältnis her, wodurch, wie es im Nachruf von A. Kalähne [2] heißt, Unterricht und wissenschaftliche Arbeit im Rostocker physikalischen Institut die beste Förderung erfuhren, ein schönes Zeugnis für Wesensart und Charakter beider Männer.

Trotz starker Belastung durch Vorlesungen und Seminare sowie einen Teil der Prüfungen und längere Zeit noch durch die mit der Einrichtung des neuen Rostocker Physikalischen Instituts verbundenen Arbeiten findet Weber noch Zeit für wissenschaftliche Tätigkeit. Zusammen mit seinem ehemaligen Heidelberger Institutskollegen Richard Gans wird das dem Pascalschen Reportorium der Mathematik nachgebildete zweibändige Repertorium der Physik begonnen. Der erste Band Mechanik und Wärme wird - sicher unter großen Schwierigkeiten - vor und während des 1. Weltkrieges bearbeitet und erscheint 1915 (erster Teil) und 1916 (zweiter Teil) bei Teubner [3].

Nachdem der Extraordinarius für theoretische Physik einige Räume im neuen Institutsgebäude und Finanzmittel zur Verfügung bekommen hat, widmet sich Weber zusammen mit seinen Doktoranden (insbesondere mit K. Overbeck) immer mehr der Theorie des elektromagnetischen Feldes einschliesslich experimenteller Untersuchungen magnetischer Eigenschaften von Legierungen.

Nach Ausbruch des 1. Weltkrieges wünscht Weber eine Beurlaubung (Schreiben vom 28.08.1915) als Kriegsfreiwilliger, um in diesem Kriege militärisch Verwendung zu finden und zwar als Funker und kehrt erst 1919 nach Rostock zurück. Aus Anlass der 500-Jahr-Feier der Universität Rostock wird ihm mit Wirkung vom 13. November 1919 der Titel eines ordentlichen Honorarprofessors verliehen. Unter seiner Leitung beginnen 1919 und 1920 noch zahlreiche Untersuchungen über die Magnetisierbarkeit verschiedener Verbindungen bei Veränderung äußerer Parameter. Doch eine  Lungenentzündung im Sommer 1920 setzt dem Schaffen des begabten mathematischen Physikers Grenzen; er verstirbt am 03.08.1920 im Alter von 45 Jahren in Rostock. Seine Doktoranden bringen ihre von R. H. Weber angeregten Arbeiten mit Gutachten von Prof. Adolf Heydweiller, Priv.-Doz. Günther Falckenberg oder a.o. Prof. Wilhelm Lenz, dem Nachfolger von Weber, zu Ende.

Literatur

[1] Eintrag zu Rudolf Heinrich Weber im Catalogus Professorum Rostochiensium: http://purl.uni-rostock.de/cpr/00001312

[2] A. Kalähne: Zum Gedächtnis an Rudolf H. Weber, Physikalische Zeitschrift 23 (1922) 81

[3] R. H. Weber, R. Gans: Repertorium der Physik, Teubner-Verlag, Leipzig und Berlin, 1915 und 1916

Reinhard Mahnke, 30.01.2013, 06.04.2017

Kalenderblatt Februar 2013