Einzelne Atome in 3D

Haben Sie schon einmal einen MRT-Scan in einem Krankenhaus erhalten? Wahrscheinlich wurde er mit einer Technik gemacht, die als "dreidimensionale Fourier-beschleunigte Magnetresonanztomographie" bekannt ist. Im Grunde genommen wurde Ihr Körper dabei in ein riesiges Reagenzglas gesteckt und durch Magnetresonanzspektroskopie seiner Kernspins analysiert. Während diese Technik - die Kernspinresonanzspektroskopie - normalerweise Informationen über chemische Spezies im Reagenzglas liefert, kann sie durch Anlegen eines Magnetfeldgradienten in ein bildgebendes Verfahren umgewandelt werden. Wenn die Spektroskopie in einem räumlich variierenden Magnetfeld durchgeführt wird - einem Feld, das z. B. im Kopf größer ist als in den Füßen - senden die Spins in verschiedenen Teilen des Körpers Signale mit unterschiedlichen Frequenzen aus - ein größeres im Kopf, ein niedrigeres in den Füßen. Das Spektrum der Kerne wird zu einem eindimensionalen Bild. Die Anwendung von Gradienten entlang verschiedener Raumrichtungen macht es dreidimensional. Der Gradiententrick alleine würde allerdings nicht reichen, um die klinische Bildgebung praktikabel zu machen. Die Spektroskopie muss auch mit der höchstmöglichen Geschwindigkeit durchgeführt werden. Die Datenmenge eines dreidimensionalen Scans ist enorm, und selbst mit den schnellsten heute verfügbaren Spektroskopie-Sequenzen mussten Sie wahrscheinlich mehrere Minuten im Scanner stillhalten. Dass es Minuten und nicht Stunden waren, verdanken wir geschickten Messprotokollen, die alle Pixel des Bildes simultan auslesen können. Diese beruhen auf einer geschickten Fouriertransformation und benötigen Feldgradienten, die sich schnell umschalten lassen. Dieses schnelle Umschalten erzeugt den unangenehmen Lärm, den Sie vielleicht gehört haben, während Sie in dem Gerät lagen.

In den letzten zehn Jahren haben neuartige Magnetfelddetektoren aus Diamant es ermöglicht, Magnetresonanzspektroskopie an viel kleineren Proben als bisher durchzuführen. Sogar einzelne Biomoleküle können nun durch Kern- und Elektronenspinresonanzspektroskopie analysiert werden.

Diese Entwicklung hat auch den Wunsch geweckt, auch Magnetresonanzbildgebung auf nanoskalige Proben anzuwenden, gewissermaßen eine millionenfach verkleinerte Version eines klinischen Kernspintomografen zu bauen, der Moleküle dreidimensional mit atomarer Auflösung abbilden könnte. Diese Vision in die Tat umzusetzen, ist bisher allerdings nicht gelungen.

Unser neues Resultat ist ein Beitrag auf dem Weg zu diesem Ziel. Wir demonstrieren darin einen winzigen Elektromagneten, konstruiert aus nanofabrizierten Golddrähten mit nur wenigen Mikrometern Länge, der dreidimensionale magnetische Feldgradienten erzeugen kann. Diese können insbesondere schnell genug geschaltet werden, dass Fourier-beschleunigte Messprotokolle jetzt auch auf nanoskalige Proben anwendbar sind. Wir stellen das unter Beweis, indem wir ein dreidimensionales Bild von einzelnen Stickstoff-Atomen in einem Diamantkristall (ganz exakt: NV-Defekt-Zentren) aufnehmen und dabei eine Auflösung von etwa 10 nm erreichen. Das entspricht etwa dem Durchmesser von 10-100 Atomen. Wahrscheinlich lässt sich diese Auflösung mit einigen Verbesserungen am Design auf weniger als einen Nanometer verbessern, womit dreidimensionale Bilder einzelner Moleküle möglich würden.

Trotzdem ist dieses Resultat nur ein kleiner Schritt auf einem langen Weg. Die abgebildeten Atome im aktuellen Experiment sind lediglich Atome im Diamant selber. In einem zukünftigen Experiment müsste der Diamant zusätzlich als Sensor eingesetzt werden, um beliebige andere Moleküle außerhalb des Diamanten nachzuweisen, die dann mit Tomografie abgebildet werden könnten. Sollte auch dieser Schritt noch gelingen, bekämen die leistungsstärksten optischen und Elektronen-Mikroskope Konkurrenz von Magnetresonanzbildgebung - einem Verfahren, das lange Zeit als notorisch unempfindlich und daher nur für große Objekte wie Menschen geeignet angesehen wurde.

Originalveröffentlichung: npj Quantum Information 10, 16 (2024)

Kontakt:

University of Rostock
AG Quantum Technology
Prof. Friedemann Reinhard

☎ +49 381 4986840
friedemann.reinharduni-rostockde
https://www.qt.physik.uni-rostock.de/en/


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